Forschung zu ambulant erworbenen Pneumonien fördern

Die Bedeutung ambulant erworbener Pneumonien ist aus medizinischer und gesundheitspolitischer Sicht immens.  Allein im Jahr 2020 starben laut Statistischem Bundesamt deutschlandweit etwas mehr als 15.000 Menschen an den Folgen einer Pneumonie. Die häufigsten Formen von Pneumokokkenerkrankungen bei Erwachsenen sind ambulant erworbene Pneumonien (community acquired pneumonia, CAP) ¹. Sie sind gleichzeitig auch die häufigste infektionsbedingte Todesursache in Deutschland, so das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen. Lange Zeit war die CAP nur unzureichend wissenschaftlich aufgearbeitet. Das hat sich mit der Gründung des Kompetenznetzes CAPNETZ und, etwas später, der CAPNETZ STIFTUNG wesentlich geändert. In der schließlich ins Leben gerufenen prospektiven epidemiologischen CAPNETZ-Studie werden Prävalenz, Inzidenz und Risiken der CAP in einer repräsentativen Stichprobe ambulanter und stationärer Patienten erhoben und so das Wissen um die Infektionskrankheit kontinuierlich verbessert.

KOMPETENZNETZ CAPNETZ

Gründung des Kompetenznetzes CAPNETZ

Das Kompetenznetz CAPNETZ wurde im Jahr 2001 gegründet. Das Konzept dazu erarbeiteten die renommierten Professoren Reinhard Marre (Universität Ulm), Tobias Welte (Medizinische Hochschule Hannover) und Norbert Suttorp (Charité-Universitätsmedizin Berlin), die auch den Antrag beim Bundesministerium für Bildung und Forschung stellten und die Leitung übernahmen.

Die besondere Herausforderung bei der Strukturierung von CAPNETZ war, dass es sich bei der CAP um eine Erkrankung handelt, die überwiegend ambulant und außerhalb von wissenschaftsaffinen Strukturen behandelt wird. Um dem gerecht zu werden, wurde eine zentral-dezentrale Organisation gebildet. Elementar waren dabei der Aufbau einer Geschäftsstelle als zentrale Organisationseinheit und die Akquise von dezentralen Studienzentren, die aktiv an der Erfassung von Daten mitarbeiten.  Zudem wurde ein leistungsfähiges Web-basiertes Content-Management-System entwickelt, über das unter Verwendung modernster Werkzeuge die Kommunikation innerhalb des Netzwerkes, die Archivierung studienrelevanter Dokumente aber auch die einheitliche Erfassung von Studiendaten gewährleistet werden konnte. In Ergänzung wurde eine zentrale Biomaterialbank aufgebaut, in welcher alle Proben der Studienpatienten verschlüsselt eingelagert und für weitere Forschungsprojekte vorbereitet werden können. 

Bisher hat das Forschungsnetzwerk, assoziierter Partner des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), klinische Daten von über 14.000 Patienten mit einer CAP erfasst. Im Jahr 2020 wurden die Voraussetzungen geschaffen, um auch an Covid-19-erkrankte Patienten mit einer Lungenentzündung in die CAPNETZ-Studie einzuschließen und so zur Erforschung der Infektionskrankheit beizutragen.

Die CAPNETZ-Studie ist derzeit die größte prospektive Studie zur mikrobiologischen Ätiologie von CAP-Fällen bei Erwachsenen in Deutschland.¹ Zu den beteiligten Studienzentren gehören neben universitären Einrichtungen auch Krankenhäuser der Maximalversorgung und Facharztpraxen. Die Studie wird vor allem in Deutschland durchgeführt. Eine europäische Erweiterung ist das Ziel. Derzeitig sind Kliniken in Dänemark, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden aktiv beteiligt.

CAPNETZ STIFTUNG

Gründung der CAPNETZ STIFTUNG

Die erfolgreiche Verstetigung des Kompetenznetzes CAPNETZ fand 2007 durch Gründung der CAPNETZ STIFTUNG statt. Dies ermöglicht die fortdauernde Förderung der CAPNETZ Forschung im Sinne des Stiftungszwecks.

Sitz der Stiftung ist in Ulm. Die ehemaligen BMBF-Zuwendungsempfänger – die Charité-Universitätsmedizin Berlin, die Universität Ulm und die Medizinische Hochschule Hannover – sind Mitstifter. Als antragsberechtigte und zuwendungsbefähigte Stiftung und nicht zuletzt auch durch die Reichweite des Kompetenznetzes, ist die CAPNETZ STIFTUNG in einer guten Position um die Erforschung der CAP und anderer Infektionen des unteren Respirationstraktes weiter voranzutreiben.

Der Vorstand ist entscheidungstreffend und geschäftsführend. Die gem. § 30 BGB bestellte Geschäftsführerin vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich und leitet die CAPNETZ Geschäftsstelle, die in den Räumlichkeiten der Medizinischen Hochschule Hannover ansässig ist.

Seit dem Jahr 2013 ist die CAPNETZ STIFTUNG assoziierter Partner im Deutschen Zentrum für Lungenforschung. Die Zugehörigkeit zum DZL ist nicht nur hinsichtlich einer wissenschaftlichen Partnerschaft bedeutsam, sondern auch hinsichtlich der weiteren öffentlichen Förderung der CAPNETZ-Studie und der dazugehörigen Studieninfrastruktur.

Förderlich: enge Kooperation

Enge Kooperationen und ein fachlicher Austausch unter den Wissenschaftlern im stationären und ambulanten Bereich sind für eine erfolgreiche Forschung unabdingbar. Eine enge Zusammenarbeit besteht insbesondere mit dem DZL-Standort BREATH (Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover) an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seit Gründung der Stiftung sind zusätzlich neue Studienprojekte und Vorhaben initiiert worden. Dabei entwickelt sich die Stiftung strukturell stets weiter und orientiert sich zunehmend europaweit.  Von großem Wert für die Stiftung ist die umfangreiche CAPNETZ-Studiendaten- und Biobank, die einen Web-basierten Antragsprozess vorhält. Damit bietet sie der wissenschaftlichen Community einen transparenten Zugang zu klinischen Daten sowie Proben für die Beantwortung wissenschaftlicher und klinischer Fragestellungen. Die CAPNETZ STIFTUNG ist damit selbst Förderer von Forschung.

¹ Epidemiologisches Bulletin 36/2016