Die CAPNETZ-Studie: das Herzstück der CAPNETZ STIFTUNG

Herzstück der CAPNETZ STIFTUNG  ist die CAPNETZ-Studie, die sich der ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) verschrieben hat. Anhand einer stetig wachsenden umfangreichen und letztlich auch einzigartigen Datenbank und Biomaterialdatenbank untersucht sie erfolgreich Fragestellungen rund um die CAP. Doch viele Fragen sind noch offen, das Engagement der teilnehmenden Wissenschaftler, Kliniker und niedergelassenen Ärzte ungebrochen. 

Aktuell im Fokus stehen die reziproke Beziehung von Begleiterkrankungen und CAP, die Erregerdiagnostik im Hinblick auf molekulare und neue noch zu erforschende Verfahren, die Identifikation von Hochrisikopatienten und die Bedeutung einer Immunsuppression im Kontext von CAP. 

Die CAPNETZ-Studie, eine Beobachtungsstudie zur ambulant erworbenen Pneumonie (Community-Acquired-Pneumonia; CAP) bei Erwachsenen, ist bis heute das Hauptprojekt der CAPNETZ STIFTUNG und ihr Herzstück. Nach über zwei Jahrzenten der Studiendurchführung blickt die CAPNETZ STIFTUNG auf eine umfangreiche Datenbank von mehr als 14.000 Datensätzen von Patienten mit einer CAP. Diese einzigartige Datensammlung bildet die Grundlage für die wissenschaftlich fundierte Beantwortung aktueller infektiologischer Fragestellungen auf dem Gebiet der CAP und anderer Infektionen des Respirationstraktes. Hier die Details.

Start der Forschungsinitiative im Jahr 2002

Im Jahr 2002 wurde der Grundstein für dieses anspruchsvolle Projekt gelegt: Die CAPNETZ-Studie wurde mit Unterstützung einer groß angelegten Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Kompetenznetze der inneren Medizin“ an verschiedenen Studienzentren in Deutschland initiiert. Es handelt sich dabei um eine prospektive, multizentrische, longitudinale Beobachtungsstudie mit einer umfangreichen Datensammlung und Biomaterialdatenbank zu unterschiedlichen Beobachtungszeitpunkten. Seitdem werden jedes Jahr zahlreiche Patienten mit der Diagnose einer ambulant erworbenen Pneumonie in diesen Studienzentren über einen Zeitraum von 180 Tagen dokumentiert. Definierte klinische Daten und die Ergebnisse mikrobiologischer und Laboruntersuchungen werden gespeichert, Patientenproben gesammelt und zentral gelagert. Viele wissenschaftliche Fragestellungen konnten seither anhand dieser Informationen beantwortet werden, darunter die Verteilung der Erreger in Deutschland, die ursächlich für eine CAP sind, die wichtige Frage nach der Resistenzsituation verfügbarer Antibiotika gegen relevante Keime oder auch das bestmögliche Therapiemanagement für die Versorgung der Patienten.

Prognoserelevant: erfolgreiche Erregerdiagnostik

Die rasche Identifizierung des ursächlichen Erregers für die CAP ermöglicht eine fokussierte Behandlung. Im Jahr 2017 wurde deshalb im Rahmen der CAPNETZ-Studie eine erweiterte Erregerdiagnostik eingeführt, da an vielen Standorten aufgrund struktureller und ökonomischer Gegebenheiten die Aufwendungen zur Erregerdiagnostik bei einer CAP zurückgegangen waren. Dies birgt nicht nur direkte, konkrete Gefahren in der individuellen Behandlung von Patienten. Es führt zunehmend zu einer schleichend schlechter werdenden Datengrundlage in der Erhebung epidemiologischer Daten zur CAP.

Epidemiologische Daten erfassen

Im Vordergrund der CAPNETZ-Studie stehen die Erhebung von Prävalenz und Inzidenz der CAP, sowie besonderer Risiken, aber auch Interaktionen mit chronischen Begleiterkrankungen des Patienten. Erfasst wird der Einfluss dieser Komorbiditäten auf die CAP – und umgekehrt. Besonders zu berücksichtigen sind Assoziationen unter dem Aspekt von CAP als entzündlicher Prozess. Konkret: Welchen Einfluss hat die CAP als inflammatorisches Ereignis auf die Begleiterkrankung eines Patienten. Steigt das Risiko für – besondere – Komplikationen? Und ergeben sich daraus Konsequenzen für das Behandlungsmanagement zum Wohle des Patienten?

CAP und Immunsuppression

Im Verlauf erweiterte sich das Spektrum der CAP-Forschung um neue, aktuelle wissenschaftliche Fragestellungen. Dem hat die CAPNETZ-Studie Rechnung getragen. So ist seit dem Jahr 2017 auch die Beobachtung von CAP-Patienten unter einer Immunsuppression möglich und notwendig. Bei immunsupprimierten Patienten, etwa infolge einer chronischen Erkrankung, einer Organtransplantation oder einer Medikation mit einem Immunsuppressivum, geht die CAP mit einer schlechteren Prognose einher als bei Nicht-immunsupprimierten Patienten. Bei den meisten Patienten mit Immunsuppression werden Erreger identifiziert, die von aktuellen Leitlinienempfehlungen zur empirischen Therapie der CAP gar nicht erfasst werden. Zur CAP-Forschung gehört deshalb auch die Entwicklung eines verbesserten Therapiemanagements bei Patienten mit einer klinisch relevanten Immunsuppression (IS), darunter auch Patienten mit einer HIV-Infektion. Die Inzidenz der Pneumonie bei HIV-infizierten Menschen scheint zwar in etwa der von Nicht-HIV- Infizierten zu entsprechen. Weniger bekannt aber sind mögliche Unterschiede in Abhängigkeit von Alter, Immunstatus und Höhe der HI-Viruslast – und damit Teil der CAPNETZ-Forschung.

Hochrisikopatienten identifizieren

Auch die Identifikation und Charakterisierung von Hochrisikopatienten und -Patientinnen mit CAP sind für eine verbesserte Versorgung bei CAP unabdingbar. Analysen von Daten aus der CAPNETZ-Studie sollen derzeit deshalb die Bedeutung der CAP als Notfall in der tatsächlichen stationären Versorgungssituation in Deutschland evaluieren und Risikofaktoren erkennen. 

Zu den weiteren Zielen der CAPNETZ-Studie gehören

  • Verbesserung der Prävention durch Evaluation des Impfverhaltens gegen Influenza,Covid-19 und Pneumokokken
  • Verbesserung der Diagnosesicherheit durch Zusammenführung und Interpretation klinischer und mikrobiologischer Daten 
  • Aufbau einer Datenbank zur antimikrobiellen Resistenz
  • Untersuchung der Keime und der Keim-Wirt Interaktion
  • Ausbau der zentralen Biomaterial- und Stämmedatenbank

CAPNETZ-Studie in der Praxis

Die CAPNETZ-Studie ist ein komplexes Konstrukt. Die Patientenaufnahme und Probensammlung finden an zahlreichen deutschen und  europäischen Studienzentren statt, in Koordination mit der CAPNETZ Studienzentrale der CAPNETZ-STIFTUNG. Für eine zentralisierte und qualitätsgesicherte Datenerfassung nutzen die beteiligten klinischen Zentren das CAPNETZ Studienportal.

Die Patienten werden nach umfassender Aufklärung durch den Arzt und ihrem Einverständnis für die Studie rekrutiert. Zum Tag des Studienbeginns werden klinische Daten, Laborwerte, Ergebnisse der lokalen Erregerdiagnostik, Komorbiditäten, Risikofaktoren und die Therapie erhoben und ausführlich dokumentiert. Zudem werden verschiedene Biomaterialien wie EDTA-Vollblut, Serum, Plasma, Urin, PAXGene-RNA und respiratorische Materialien wie Sputum für die zentrale externe Erregerdiagnostik entnommen und in der Biomaterialbank gesammelt. Stationäre Patienten werden an den Tagen 3 und 7 zeitnah einer Follow-Up-Untersuchung unterzogenen, wobei neben einer körperlichen Untersuchung die klinischen Stabilitätskriterien, Therapieänderungen, Risiko-Scores, etwaige Komplikationen und Laborwerte erfasst werden. Auch an diesen Tagen werden Biomaterialien entnommen,  zunächst lokal asserviert und in regelmäßigen Abständen an die zentrale Biomaterialbank an der Medizinischen Hochschule Hannover versendet. Für das Langzeit-Follow up wird der klinische Verlauf der Infektion an den Tagen 28 und 180 telefonisch erhoben.

Sicherheit und Forschungsförderung zum Wohle der Patienten

Die Studiendurchführung wird nach vorgegebenen ethischen Grundsätzen und aktuell geltenden Datenschutzbestimmungen durchgeführt. Während der gesamten Studienlaufzeit findet ein umfassendes Daten-Monitoring zur Vollständigkeit und Plausibilität der eingegebenen Daten statt. Am Ende eines intensiven Data Clearing Prozesses entsteht ein umfangreicher Datensatz, welcher CAPNETZ-eigenen und -externen Forschergruppen zur Verfügung steht. Alle Forscher und Forschungsinstitutionen haben die Möglichkeiten im Rahmen des Stiftungszwecks einen Projektantrag zu stellen, um medizinische Daten und Biomaterialien in anonymisierter Form für die Beantwortung der definierten Fragestellungen zu erhalten.

Niederschlag in S3-Leitlinien

Forschungsergebnisse der CAPNETZ-Studie werden regelmäßig und hochrangig publiziert. So sind sie insbesondere von großer Bedeutung bei der Erstellung der S3-Leitlinie „Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie“ zur Epidemiologie, Diagnose, Therapie und zum Management der CAP. Die Paul-Ehrlich-Gesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie und der Vorstand der CAPNETZ STIFTUNG arbeiten aktiv und eng zusammen, um diese den höchsten Ansprüchen entsprechend zu gestalten und regelmäßig zu aktualisieren.