BEDEUTUNG

Erfolgreiche Kooperation von drei Netzwerken.

HINTERGRUND

Die ambulant erworbene Pneumonie (CAP) kann sehr unterschiedlich verlaufen. Etwa 80 Prozent der Patienten entwickeln einen unkomplizierten Verlauf. Die Infektion kann aber auch sehr schwer verlaufen, bis hin zum septischen Schock. Vorhersagen lässt sich der individuelle Krankheitsverlauf nicht. Dies könnte sich durch die Identifizierung neuer Biomarker ändern, die, so die Überlegungen der Wissenschaftler, eine gezieltere Diagnostik und Therapie ermöglichen. Das Forschungsnetzwerk PROGRESS richtet den Fokus auf genau diese Fragestellung – mit Erfolg, wie zahlreiche Publikationen zeigen. Mit der gezielten Anwendung von Biomarkern und Signaturen soll es für den behandelnden Arzt einfacher werden, eine auf das individuelle Risiko des Patienten abgestimmte Therapie zu verordnen. PROGRESS-KOMORB berücksichtigt dabei nun auch Patienten mit Komorbiditäten und Immunsuppression.

PROGRESS ist ein Forschungsvorhaben, das in seinem Ursprung  Aktivitäten von drei Netzwerken bündelte, alle drei gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Den entscheidenden Beitrag leisten dabei die Daten der CAPNETZ-Studie, die in ihren Zielen sehr eng mit PROGRESS assoziiert ist, unterstützt vom Kompetenznetz Sepsis und dem NGFN (Nationales Genomforschungsnetz Infektion und Entzündung). PROGRESS wurde gleichzeitig auch im Rahmen des Programms „Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen“ vom BMBF gefördert.

STUDIENZIELE

Suche nach typischen Signaturen und Markern des Übergangs

Die Ziele von PROGRESS sind klar definiert: Es sollen bei CAP-Patienten Transkriptom- und Proteom-basierte „Signaturen“ sowie Biomarker und genetische Polymorphismen identifiziert werden, die mit ambulant oder stationär erworbenen Pneumonien assoziiert sind. Von besonderem Interesse sind dabei Marker des Übergangs von der unkomplizierten Pneumonie über die schwere Pneumonie bis hin zur Pneumonie mit dem erhöhten Risiko einer Sepsis. PROGRESS verknüpft dafür gut definierte klinische Phänotypen mit Daten zu DNA, RNA und Proteinen, die mit Hilfe von Hochdurchsatzverfahren aus dem peripheren Blut gewonnen werden. Auf diese Weise können molekulare Krankheitscharakteristika mit klinischen Aspekten der Infektion in Beziehung gesetzt werden, sodass die Identifizierung typischer Signaturen. sogenannter „Fingerabdrücke“, möglich wird. „Das PROGRESS-Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, klinische, genetische und andere molekulare Marker und Kombinationen zu ermitteln, mit denen sich ein schwerer Verlauf der CAP im Krankenhaus vorhersagen lässt. Solche Prädiktoren werden zum Beispiel Entscheidungen über eine intensivere Überwachung oder frühere Verlegung von Patienten auf die Intensivstation unterstützen“, so Studienleiter Professor Dr. Norbert Suttorp, Charité  Universitätsmedizin. Dies erfolge in der PROGRESS-CAP-Kohorte, in die mehr als 2.000 CAP-Patienten aufgenommen sind.

Pathophysiologische Prozesse der Pneumonie

Die Querschnittsanalyse solcher Signaturen bei Patienten mit und ohne Krankheitsprogression soll es ermöglichen, Risikofaktormodelle zur Voraussage eines schweren Krankheitsverlaufs zu entwickeln. Die Analyse der Veränderungen molekularer Marker erweitert auch die dringend notwendigen Kenntnisse über die Pathophysiologie verschiedener Formen der Pneumonie.  Letztlich profitiert auch der Patient –  durch eine verbesserte Diagnostik, Risikostratifizierung, Therapie und damit auch einer günstigeren Prognose. Die Entscheidungsfindung wird optimiert, und damit die Versorgung der oft schwer kranken Patienten 

Praxisrelevant: schwere Vorerkrankungen berücksichtigen

Wie hoch für jeden einzelnen CAP-Patienten das Risiko von Komplikationen,  septischem Schock, ARDS, oder auch der Mortalität ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Pathogenität des Erregers , der individuellen Immunität, Stichwort Immunoseneszenz, sowie von Komorbiditäten. Hier sind kardiovaskuläre Grunderkrankungen, wie CAD (chronic artherioslcerotic disease), eine CHF (chronic heart failure) oder auch eine Niereninsuffizienz von Relevanz. Mehr und detailliertere Informationen soll nun das PROGRESS-KOMORB (Pneumonia Research Network on Genetic Resistance und Susceptibility for the Evolution of Severe Sepsis) liefern. Es handelt sich dabei um eine prospektive, längsschnittliche, multizentrische Fall-Kohorten-Studie, die CAP-Patienten auch mit schweren Vorerkrankungen und Immunsuppression einschließt, bislang mindestens 300 auswertbare Patienten. Nur auf der Basis von so gewonnenen Ergebnissen ist dann eine die klinische Anwendbarkeit möglich. „Nur dann können die Ergebnisse der PROGRESS-CAP-Studie in die klinische Praxis umgesetzt werden“, so Prof Suttorp. 

TEILNEHMER

Die Einschlusskriterien sind streng:

  • Krankenhausaufnahme mit CAP
  • Alter ≥ 18 Jahre
  • Gültige Einwilligungserklärung vorliegend

Zum Zeitpunkt des Einschlusses muss die Definition der CAP in den folgenden vier Punkten erfüllt sein:

  1. Arbeitsdiagnose CAP durch den einschließenden Arzt
  2. Kein anderer stationärer Krankenhausaufenthalt innerhalb der letzten 28 Tage vor Krankenhausaufnahme mit CAP
  3. Klinische Befunde für CAP (Mindestens 2 der folgenden 5 Kriterien müssen erfüllt sein)
    • Husten
    • Eitriges Sekret aus den unteren Atemwegen
    • Auskultatorischer Befund (Rasselgeräusche und/oder sonstige Hinweise auf pulmonale Infiltration (Klopfschalldämpfung, Bronchialatmen))
    • Atemnot oder Notwendigkeit der Beatmung (Atemnot: neu aufgetretene Dyspnoe, Tachypnoe oder Hypoxämie)
    • Fieber (≥ 38,3°C rektal, intravesikal oder intravasal ODER ≥ 37,8°C oral oder aurikulär/tympanisch)
  1. Radiologie
    • Pulmonales Infiltrat in der Bildgebung

Zudem muss mindestens eines der folgenden Kriterien vor Krankenhausaufnahme erfüllt sein

  • HIV-positiv
  • Tumorerkrankung mit Therapie innerhalb der letzten 6 Monate
  • Steroidtherapie (≥ 20 mg Prednisolon-Äquivalent/Tag seit mehr als 14 Tagen vor Einschluss)
  • Nichtsteroidale Immunsuppressive Therapie innerhalb der letzten 6 Monate
  • Zytostatikatherapie in den letzten 6 Monaten
  • Strahlentherapie in den letzten 6 Monaten
  • Knochenmarktransplantation
  • Heimbeatmung über Tracheostoma
  • Mukoviszidose
  • Herzinsuffizienz NYHA-IV oder HFrEF (definiert als linksventrikuläre Ejektionsfraktion <40 %)
  • Leberinsuffizienz Child-C
  • Diabetes mellitus mit HbA1c ≥ 8,5 %
  • Terminale Niereninsuffizienz mit Dialysepflicht
  • Pulmonale Hypertonie (alle Klassen) mit mPAP > 20 mm Hg (Rechts-Herzkatheter)