NO1LOST: Kohortenstudie sucht Strategien zur erfolgreichen Behandlung von Tuberkulose (TB)

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HINTERGRUND

Mangelnde Therapieadhärenz verbessern -Therapieabbruch verhindern

Deutschland ist mit Blick auf die Tuberkulose ein Niedriginzidenzland. Allerdings deutet die relativ hohe Zahl an Therapieabbrüchen unter Patientinnen und Patienten mit Tuberkulose auf eine geringe Therapieadhärenz und eine unbefriedigende Versorgungsstruktur hin.  Mit No1Lost, einem vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geförderten umfangreichen Verbundprojekt, soll die Versorgung gezielt verbessert werden – durch den Aufbau eines „Kompetenznetzes Therapieadhärenz“ und die Erforschung relevanter Risikofaktoren. Im Fokus des Projektes steht eine prospektive Kohortenstudie, die in einer Kooperation des  Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK e.V.),  der Justus-Liebig-Universität Gießen und der CAPNETZ STIFTUNG durchgeführt wird.

Tuberkulose gilt in Deutschland als eine eher seltene Infektionskrankheit, allerdings mit zunehmender Tendenz.  Trotz wirksamer und ausreichend verfügbarer Medikamente existieren eine Reihe von Herausforderungen im Zusammenhang mit der Therapie, etwa Resistenzen gegen gängige Medikamente oder erhebliche Nebenwirkungen, die zu einer unzureichenden Therapieadhärenz und letztlich einem vorzeitigen Therapieabbruch führen können. Folglich sind verhältnismäßig viele TB-Therapien unvollständig und damit letztlich erfolglos.  Beeinflusst wird die Wirksamkeit einer TB-Therapie dabei in hohem Maße von den sozialen und sozioökonomischen Begleitumständen, die ebenfalls die Adhärenz beeinflussen. In der umfassenden Versorgung von TB-Patienten und Patientinnen spielen verschiedene Player eine Rolle, die oft nur unzureichend vernetzt sind.  In einer vorbereitenden Studie konnte gezeigt werden, dass die Versorgung derzeit stark vom individuellen Engagement der beteiligten Fachkräfte abhängig und die sozialmedizinische Unterstützung häufig nicht ausreichend finanziert ist. Angestrebt wird deshalb unter anderem, die Therapieadhärenz bei Tuberkulose durch Etablierung eines sozialmedizinisch orientierten TB Kompetenznetzwerks mit Register zu verbessern. 

Kohortenstudie sucht nach Risikofaktoren für Therapieabbruch bei multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB) oder Rifampicin-resistenter Tuberkulose (RR-TB)

Konkrete Ergebnisse soll nun die prospektive MDR-TB-Kohortenstudie liefern, eine Untersuchung im Rahmen des Verbundprojektes No1Lost. Etabliert wird sie von der CAPNETZ STIFTUNG in enger Zusammenarbeit mit den Verbundpartnern. Bei der MDR-TB-Kohortenstudie geht es darum, die gegenwärtige klinische und sozialmedizinische Versorgungsstruktur für MDR-TB-Patientinnen und Patienten in deutschen Behandlungszentren anhand von Daten über Krankheitsverlauf, Therapieverlauf sowie klinischen, strukturellen und sozioökonomischen Risikofaktoren zu erfassen und zu analysieren. Die Resultate bilden eine wesentliche Grundlage für den Aufbau eines „Kompetenznetzwerks Therapieadhärenz“ zur nachhaltigen Verbesserung der Therapieergebnisse bei MDR-TB in Deutschland. Immerhin liegt der Anteil der erfolgreichen TB-Therapien unter 80%, bei multiresistenter TB nur zwischen 60 und 70%, häufig verursacht durch Therapieabbrüche. In der Kohortenstudie soll auch nach Risikofaktoren für einen Therapieabbruch geforscht werden, z.B. fehlendes oder mangelndes Krankheitsverständnis oder fehlende soziale und sozialmedizinische Unterstützung.

STUDIENZIELE

Primäres Studienziel ist der Aufbau einer prospektiven Kohorte von MDR-/RR-TB-Patientinnen und Patienten, die den Therapieerfolg und die Einflüsse möglicher Risikofaktoren auf Therapieerfolg und Therapieabbruch beschreibt. 

Die Ziele im Detail:

Primär

  • Aufbau einer prospektiven Kohorte von MDR/RR-TB-Patientinnen und Patienten
  • Beschreibung von Therapieerfolg und Therapieabbruchraten in der prospektiven MDR/RR-TB-Kohorte
  • Beschreibung des Einflusses möglicher Risikofaktoren auf Therapieerfolg und Therapieabbruch

Sekundär

  • Evaluation neuer verkürzter 6-9-monatiger MDR/RR-Kombinationstherapien (v.a. BPaLM) im Vergleich zur 18-monatigen individuellen MDR/RR-TB-Therapie auf den Therapieerfolg in Deutschland
  • Evaluation der Leitlinientreue der teilnehmenden Zentren im Rahmen der MDR/RR-TB-Behandlung
  • Beschreibung der Versorgungsrealität und -struktur für MDR/RR-TB in deutschen Behandlungszentren

ZEITRAHMEN

01.07.2024 – 31.12.2027

STUDIENTEILNEHMER

In die Studie werden ca. 150 erwachsene Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer neu diagnostizierten multiresistenten Tuberkulose in einem beteiligten Studienzentrum behandelt werden, prospektiv eingeschlossen. Voraussichtlich ca. 100 Teilnehmende erhalten eine verkürzte Therapie über sechs bis neun Monate. Bei ungefähr 50 Fällen wird individualisiert über 18 Monate behandelt. Umfassende Daten zu Demographie, Symptomatik, Risikofaktoren, Labor- und Erregerdiagnostik, Krankheits- und Therapieverlauf werden bei Aufnahme und bei Entlassung aus dem Krankenhaus erfasst. Nach jeweils 9, 15 und 21 Monaten werden Nachbeobachtungen durchgeführt. Der Zeitpunkt des Studienbeginns liegt im ersten Quartal 2025.

Weiterhin werden als Vergleichskohorte Daten von 75 MDR-TB-Patientinnen und Patienten retrospektiv an den beteiligten Studienzentren erhoben.

STUDIENORTE

15 – 25 Behandlungszentren aus dem MDR/RR-TB-Netzwerk des DZK e.V.

STUDIENTYP/METHODIK

Multizentrische prospektive/retrospektive und longitudinale Beobachtungsstudie in Deutschland

VISITENSTRUKTUR

PARTNER

Wissenschaftliche Projektleitung:
Dr. Ralf Otto-Knapp
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK e.V.)
Walterhöferstraße 11, D-14165 Berlin

Projektleitung:
CAPNETZ STIFTUNG
Dipl.-Chem. Grit Barten-Neiner, MBA
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1, D-30625 Hannover

Studienmanagement und -koordination:
CAPNETZ STIFTUNG
Dipl.-Volkswirt Frank Eberhardt
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1, D-30625 Hannover

Koordinierender Kooperations-/Verbundpartner:
Prof. Dr. Torsten Bauer 
Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK e.V.)
Walterhöferstraße 11, D-14165 Berlin

Kooperations-/Verbundpartner:
Prof. Dr. Michael Knipper
Universität Justus Liebig Giessen
Institut für Geschichte der Medizin
Professur für Global Health, Migration und Kulturwissenschaften in der Medizin
Leihgesterner Weg 52, D-35392 Giessen

Wissenschaftliche und biomedizinische Beratung:
Dr. Matthias Gröschel
Charité – Universitätsmedizin Berlin 
Fächerverbund Infektiologie, Pneumologie und Intensivmedizin
Chariteplatz 1, D-10117 Berlin

IT und Datenbank:
Michael Wallner
2mt Software GmbH
Webspirit Systems GmbH
Engelbergstraße 8, D-89077 Ulm